2/8
frisch und noch immer nach süßer Freiheit. Erst knapp ein Monat war vergangen, seit
sie ihn entlassen hatten. Seine Haare, die er seit einiger Zeit wieder länger trug, wurden
vom Seewind bewegt, sanft und gleichgültig. Er lächelte vorsichtig und seine Augen
blickten in die Ferne und er bemerkte den Kellner erst, als er neben ihm stand.
„Haben Sie schon gewählt, Monsieur?“ „Nein, äh, entschuldigen Sie, ich warte noch
auf jemanden.“ „Wie Sie wünschen.“ Er sah auf seine neue Uhr. Es war
19:10 Uhr. Es war noch zu früh. Er blickte sich um. Auf der Terrasse saß außer ihm
nur ein älteres Paar in einer Ecke, tief gebeugt über ihre Teller, sonst waren die Stühle
leer. Dahinter sah er die weißen Häuser und die spitzen Masten und er spürte die Stadt
tief in seinem Innern. Und er dachte zurück.
Alain und Robert saßen auf der abgefuckten, braunen Couch in Alains abgefuckter
Wohnung, in der es kein sauberes Wasser gab und kein Kabelfernsehen und nur die
kleine, schmutzige Heizung hinten in der Ecke, die immer dann funktionierte, wenn
sie wollte und meistens wollte sie nicht. Auf dem niedrigen Couchtisch standen sechs
Literflaschen Bier, alle offen, alle leer. In ihren Augen glänzte die Jugend und in ihren
Händen die letzten beiden Flaschen. „Auf jeden Fall“, sagte Robert mit seiner tiefen,
welligen Stimme, „sie is’ die beste, die ich je hatte, die beste, die es überhaupt gibt. Du
hast sie doch gesehen. Sie sieht geil aus, sie is’ nicht zu fett, aber auch nich’ zu dünn.